Wir trauern um Rot. Alexander Hoffmann

Rot. Alexander Hoffmann

Liebe Mitrotarierinnen, liebe Mitrotarier

Es schmerzt mich, Euch mitteilen zu müssen, dass unser Freund Alexander Hoffmann am Mittwoch, 6. November 2024 im Alter von 77 Jahren an den Folgen einer schweren Erkrankung verstorben ist. «Mit Alexanders Tod hat Rotary im deutschsprachigen Raum eine Institution verloren», erklärt Jörg Goll, Governor 2012-2013 des Distrikt 1820.

Rot. Hoffmann, Mitglied des RC Frankfurt-Römer, hat sich als Autor von Geschichten aus und rund um den RC Bröckedde sowie dem RC Redliwil einen Namen gemacht. Er war das Herz und die Seele dieser beiden fiktiven Rotary Clubs. Mit schnörkelloser Sprache, auch mit heiterem Humor und kollegialem Charme legte er offen, dass Rotarierinnen und Rotarier eben auch nur Menschen sind. Seine Kolumnen im deutschen Rotary-Magazin zählten zu den meistgelesenen Beiträgen dieses Mediums. Ihm ist zu verdanken, dass auch die Webseite des RC Redliwil mit monatlich mehr als 10‘000 Klicks ausserordentlich hohe Zugriffsquoten verzeichnete.

Anfangs Oktober durften wir Alexanders letzte Glosse, die Glosse Nummer 128 «Albrecht entkommt keiner» auflegen. Darin schildert Alexander, wie sich Clubverantwortliche oftmals schwertun, wenn es darum geht, eigene Mitglieder dazu zu verpflichten, Aufgaben zu übernehmen. Eben, es sind auch nur Menschen, die sich in der an Facetten reichen Welt von Rotary bewegen.

Zusammen mit meinem Vorgänger, PDG Erich Gerber, hatte ich als Administrator des RC Redliwil das Vergnügen, Rot. Hoffmanns Texte auf sprachliche und rotarische Gewohnheiten in unserem Land zu adaptieren und zu verbreiten. Eine Arbeit, die Erich und mir viel Freude bereitet hat.

Alexander Hoffmann studierte Politik und Geschichte, war politischer Redaktor und Korrespondent bei der Frankfurter Neuen Presse, der Frankfurter Rundschau und der Süddeutschen Zeitung. Später machte er sich selbständig als Autor und Unternehmensberater für interne und externe Öffentlichkeitsarbeit. Er veröffentlichte Romane und Sachbücher, darunter das Standardwerk «Die neuen Bundesländer» im Jahr 1990 oder das «Buch Bröckedde», herausgegeben 2008 durch den Rotary Verlag Deutschland. Für sein vorbildliches Wirken wurde Hoffmann unter anderem mit dem Wächterpreis der deutschen Tagespresse (1973) und dem Theodor-Wolff-Preis (1978) ausgezeichnet.

Dass Alexander Hoffmann nun nicht mehr unter uns weilt, erfüllt mich mit Traurigkeit. Seiner Gemahlin und seiner Familie spreche ich mein herzliches Beileid aus.

Unsere Distrikte 1980 und 2000 sind sozusagen die Paten des Rotary Clubs Redliwil. Wie es mit dem RC Redliwil weitergehen soll, wird in nächster Zeit Gegenstand von persönlichen Gesprächen mit den beiden Governors Christoph Blaser und Stefan Buser sein.

Mit stillen Grüssen

PDG Paul Meier, Administrator des RC Redliwil

Glosse 128: Albrecht entkommt keiner

Autor: Rot. Alexander Hoffmann

«Im RC Redliwil haben wir viele interessante Persönlichkeiten», sinnierte Präsident Georges Bräker eines Tages am Vorstandstisch in der Heidistube. «Schade nur, dass sie uns so selten in Form von Vorträgen an ihrer Exzellenz teilhaben lassen.» Sekretär Hans Tgetgel nickte: «Unser bisheriger Programm-Chef hört ja auf, völlig erschöpft von der Rednersuche. Aber ich hätte einen Tipp für die Nachfolge.»

«Wer würde sich das Amt denn antun?»

«Rotarier Fritz Albrecht. Der ist höchst erfolgreich in der Akquise. Albrecht entkommt keiner, heisst es.»

Albrecht hatte die Generalvertretung einer grossen Versicherung. Dank seiner Überzeugungskraft hatte jedes Clubmitglied mindestens drei Lebensversicherungen, dazu jeder ein Rundumsorglos-Paket. Ein besonderer Renner war sein jüngstes Produkt: die Vorsorgeversicherung für Zehnjährige gegen Überversicherung.

Albrecht ging freudig ans Werk. Und siehe da, bald hatte er jede Persönlichkeit im RC Redliwil für einen Vortrag weichgeknetet. Schwierig war es nur mit Rotarier Max Danuser, dem führenden Schweizer Germanisten, dem Doyen des Geisteslebens an der Universität Redliwil. Albrecht lud Danuser in das beste Zürcher Restaurant ein, wo er auf seine Kosten fürstlich speisen durfte. Danuser ass die Speisekarte rauf und runter und war bester Laune. Er unterhielt sich auch mit Frau Albrecht, die sich nebenbei beklagte, wie wenig Zeit der Gatte für sie habe. Am Ende sagte Danuser einen Vortrag zu, allerdings recht wolkig. Albrecht hakte Wochen später nach, schrieb sich an der Uni Redliwil als Senioren-Gasthörer ein und kam in jede Vorlesung von Danuser, wo er dem Herrn Professor freudig mit einem Rotary-Fähnchen zuwinkte und seinen Terminkalender schwenkte. Danuser sagte erneut einen Vortrag zu, allerdings erneut recht wolkig.

Doch die Monate gingen ins Land, es tat sich nichts. «Nun gut, ich kann auch anders!», sagte Albrecht nach einem Jahr Danuserarbeit. Er erinnerte sich an das Display, das in der Heidistube an der Wand hing. Unter dem Titel «RC Redliwil» wurde dort über das Neueste aus dem Clubleben informiert.

Und so fand sich auf einmal als neueste Spitzenmeldung: «Rotarier Danuser findet überall statt, nur nicht bei uns. Seit 4‘731 Tagen ohne Vortrag.»

Das Echo war gewaltig. Noch gewaltiger war es eine Woche später. Da lasen die Besucher auf dem Display: «Rotarier Albrecht findet überall statt, aber nur selten mit der Gattin. Der letzte gemeinsame Konzertbesuch ist 6‘122 Tage her.»

Glosse 127: Silence all inclusive

Autor: Rot. Alexander Hoffmann

Um den Zusammenhalt im RC Redliwil zu stärken, schlug Präsident Georges Bräker eines Tages vor, die Mitglieder zum Geburtstag nicht nur mit einem Gruss, sondern auch mit einem kleinen Geschenk zu erfreuen. Bezahlt wurde aus der Clubkasse.

Jungrotarier erhielten für den letzten gesellschaftlichen Schliff den Buchklassiker «Manieren» von Prinz Asfa Wossen Asserate. Grossen Anklang fand die als Hördatei verschenkte Vertonung der Vier-Fragen-Probe. In dieser Kurzoper tat sich Beatrice Egli hervor, umschmeichelt vom geigenden André Rieu.

Begeistert waren die Ferrari- und Porschepiloten unter den Clubmitgliedern, die ja meist älteren Datums waren. Sie kamen noch leidlich rein ins enge Cockpit, aber kaum wieder raus. Ihnen schenkte der Club das Senioren-Exit-Set. Fortan drückten die Rotarier bei Ankunft am Ziel neben dem Fahrersitz einen Knopf, der Sitz hob sich, die Tür ging auf, der Sitz stellte sich schräg und per Luftdruck wurde man automatisch ins Freie befördert.

Dann stellte sich die Frage, was der Club Rotarier Alex Bluntschli schenken sollte. Der war ein spezieller Fall. Seine Präsenzquote lag bei an sich erfreulichen 100 Prozent, wozu Sekretär Hans Tgetgel allerdings meinte: «Das ist ja das Furchtbare.»

Bluntschli nämlich war sehr meinungsfreudig. Er hatte zu allem etwas zu sagen: ob es um den Trainer der Schweizer Fussball-Nati ging, um das helvetische Verhältnis zur EU oder um das Spätwerk von Immanuel Kant. Gestärkt durch kurze Bildungsreisen im Internet meldete er sich stets zu Wort, und zu jedem Vortrag hielt er ein längeres Korreferat. An jedem Tisch, an dem er bei den Meetings in der Heidistube residierte, wurden die Rotarierinnen und Rotarier in seinem Redefluss regelrecht ertränkt. «Bluntschli redet und redet und redet», klagte Tgetgel.

«Ich wüsste eine Abhilfe, doch die kostet ein paar Franken», sagte Präsident Bräker im Clubvorstand. Er erläuterte seine Idee, und Kassier Armin Geldmacher nickte: «Das machen wir, auch wenn ich an die stillen Reserven in unserer Kasse gehen muss.»

Der Ehrentag von Bluntschli kam, und der Präsident überreichte ihm unter grossem Beifall aller das Geschenk des RC Redliwil. Es war ein Gutschein unter dem Motto «Silence all inclusive», gültig für vierzehn Tage in einem Schweigekloster im Val Müstair.

Glosse 126: Der RC Redliwil fossil

Autor: Rot. Alexander Hoffmann

Lange wurde das rotarische Leben in Redliwil exklusiv vom RC Redliwil bestimmt. Doch nun trat mit dem «RC Redliwil Digital Natives» ein weiterer Club auf den Plan. Leider war das keine friedliche Neugründung, sondern eher eine feindliche Sezession.

Zur Gründungsbesatzung gehörten Rotarierinnen und Rotarier, die den Altclub im Streit verlassen hatten, dazu viele junge Neulinge, geboren im Zeitalter des Digitalen und mithin besonders smart und cool. Der Altclub galt ihnen als zu grottig und verzopft. Intern lästerten sie gerne über ihn als «RC Redliwil fossil».

Das kam dem rotarischen Platzhirsch natürlich zu Ohren. Der altgediente Clubintellektuelle Prof. Dr. Johann Immergrün verglich die Neugründung mit der Abspaltung der US-Südstaaten und dem Bürgerkrieg von 1861 bis 1865. Die Digital Natives konterten. Ihr erster Vortrag hatte das Thema «Warum die Dinos ausstarben».

Präsident Georges Bräker verfolgte das Hin und Her mit wachsendem Kummer. Zu Sekretär Hans Tgetgel meinte er: «Auch wir sollten ein wenig mit der Zeit gehen. Wie wäre es mit einem frischen Clubnamen?»

Und man startete eine Umfrage. Zurück kamen interessante Vorschläge:

  • RC Redliwil – Classic
  • RC Redliwil – das Original
  • RC Redliwil – die Nummer 1
  • RC Redliwil – das einzig Wahre

Bräker und der Clubvorstand prüften die Namen. Nach langer Diskussion nahm man jedoch Abstand von einer Umbenennung. Bräker erklärte für alle: «Wir bleiben bei RC Redliwil. Wir sind kein geschichtsloser Bindestrich-Club, wir waren die ersten hier und das werden wir auch bleiben!»

Leider hatte der Name Redliwil fossil mittlerweile die rotarische Blase verlassen und Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch der Schweiz gefunden. Präsident Bräker bekam das nicht mit, er freute sich einfach, einen leibhaftigen Bundesrat für einen Vortrag zu gewinnen.

Der grosse Tag kam, der komplette Club war in der Heidistube präsent, als der Herr Bundesrat aus Bern das Rednerpult erklomm. Gewinnend blickt er in die Runde und las zur Begrüssung vor, was ihm sein Redenschreiber notiert hatte: «Wie schön, dass ich unter Ihnen weilen darf, meine Damen und Herren vom Rotary Club Redliwil fossil.»

Glosse 125: Das Alphatier

Autor: Rot. Alexander Hoffmann

Der neue Rotarier Erich Zielhans hatte es vom Lehrling bis zum Verwaltungsrats-Präsidenten gebracht. Entsprechend omnipotent präsentierte er sich beim ersten Meeting im RC Redliwil: «Ich bin angetreten, um dem Club zu neuer Blüte zu verhelfen. Hier liegt ja doch einiges im Argen.»

«Da haben wir ja ein ganz besonderes Alphatier», murmelte Sekretär Tgetgel am Vorstandstisch zu Präsident Bräker.

«Keine Sorge», erwiderte Bräker. «Hier greift unser AZP». Und das Alphatier-Zähmungs-Programm wurde in Gang gesetzt.

Zielhans unterbreitete Bräker ein 50-seitiges Thesenpapier zur Neuaufstellung des Clubs, verbunden mit dem Vorschlag, die Amtszeit des nächsten Präsidenten auf fünf Jahre zu verlängern.

«Und wer soll das machen?»

«Ich. Oder sehen Sie jemanden sonst, der das kann?»

Bräker kratzte sich am Kopf. «Hm, rotarische Karrieren fangen bei uns eher klein an. Ich kann Ihnen aber eine interessante Position anbieten.»

«Welche?»

«Sie werden der Glockenbeauftragte des Clubs. Sie sorgen für die sichere Verwahrung und pünktliche Bereitstellung der Glocke zu den Meetings, dazu für die Pflege dieses Gegenstands.»

Murrend machte sich Zielhans ans Werk. Acht Wochen später rügte ihn Bräker, weil die Glocke nicht gut genug geputzt war. Und Zielhans verliess den Club. Aber das Thema Nachfolge beschäftigte Bräker weiter. Er fragte Dr. Depri-Stützbier, den führenden Psychologen des Clubs: «Lieber Freund, könnten Sie unsere Mitglieder hinsichtlich ihrer Eignung für das Präsidentenamt etwas kategorisieren? Aber bitte ohne Alphatiere – von denen habe ich im Moment genug.»

Das tat Depri-Stützbier gerne. «Also da hätten wir den Typ Beta. Der ist durchaus ehrgeizig, wäre gerne ein Alphatier. Aber dazu reicht es bei ihm nicht.»

Depri-Stützbier fuhr fort: «Es folgt der Gamma-Typ. Oft quirlig und fantasievoll. Aber unzuverlässig.»

Bräker stöhnte: «Gibt es denn gar keinen Lichtblick?»

Depri-Stützbier knetete seine Nase und meinte dann: «Der Typ Delta ist zurückhaltend, er kann was, aber er macht davon wenig Aufhebens. In manchen Deltaisten schlummert ein ungeahntes Führungstalent.»

Bräker dankte dem Psychologen überschwänglich. «Ab sofort nur noch Delta!»

Glosse 124: Der Knopflochrotarier

Autor: Rot. Alexander Hoffmann

Felix Grosshans liess seine Umgebung gerne wissen, dass er Rotarier war. An seinem Jackett prangte im Knopfloch des Revers stets eine Sonderversion der Rotary-Nadel, so gross wie eine Untertasse. Auch auf seiner Visitenkarte und der Website fehlte der Hinweis auf seine Zugehörigkeit zum RC Redliwil nicht.

Präsident Bräker sah das kritisch: «Die Nadel zu tragen, finde ich prinzipiell gut. Wir müssen in der Öffentlichkeit viel mehr Flagge zeigen. Aber dem Zeigen müssen auch Taten folgen!» Abseits des Schaulaufens mit der Nadel war Grosshans leider nur in homöopathischer Dosierung bei Rotary aktiv. Er kam selten zum Meeting, eigentlich nur dann, wenn sich ein externer Promi zum Gastvortrag angesagt hatte. Vor Ämtern im Vorstand drückte er sich wohlweislich, bei Hands-on-Projekten, die ein gewisses Engagement erforderten, glänzte er regelmäßig durch Abwesenheit.

Sekretär Tgetgel pflichtete seinem Präsidenten bei: «Grosshans ist der typische Knopflochrotarier. Und übrigens nicht der einzige im RC Redliwil.»

Freundlich wurden die Knopflochrotarier gebeten, sich doch etwas mehr in das Clubleben einzubringen. Es fruchtete nichts. Grosshans legte sich dafür eine ganze Sammlung von Rotary-Nadeln zu und sah bald aus wie ein russischer Armeebefehlshaber.

Das fiel auch Jungrotarier Winkler auf, einem der tüchtigen Dynamiker im Club. «Ich hätte eine Idee, wie wir Grosshans ein bisschen vorführen», sagte er zu Präsident Bräker.

«Wie denn?»

«Wir laden zu einem fröhlichen Sommerfest ein, das ganz im Zeichen der Jugend steht. Einen passenden Promi werde ich auch besorgen. Als Dresscode wird das Erscheinen im T-Shirt und ausdrücklich ohne Jackett vorgeschrieben. Dann muss Grosshans seine Nadeln im heimischen Safe lassen.»

Gesagt, getan. Zum Sommerfest an den Gestaden des Redliwiler Sees kamen alle Knopflochrotarier im T-Shirt. Auch Grosshans. Allerdings trug er ein T-Shirt mit einem tiefen V-Ausschnitt. So hatte man einen guten Blick auf sein Riesen-Tattoo mit dem Rotary-Rad.

Glosse 123: Weihnachten mit Murphy

Autor: Rot. Alexander Hoffmann

Rotarier Erich Lüthy war enttäuscht. Eigentlich wollte er einen Vortrag über den US-Ingenieur Edward A. Murphy halten, dem Urvater der geflügelten Maxime «Anything that can go wrong will go wrong». Hierzulande auch als «Murphys Gesetz» bekannt.

Sein Vortrag wurde verschoben, denn im RC Redliwil war Wichtigeres zu klären. Nämlich die Frage «Rund oder mit Zacken?» Dabei ging es um die Form des selbst gefertigten Gebäcks, mit dem der Club die Kleinen im Redliwiler Kinderheim St. Eulalia zu Weihnachten beglücken wollte.

Einer der Rundlinge meinte: «Wir sind Persönlichkeiten, die in sich ruhen und daher auch für die Schwächeren da sein können.» Ein Zackenfreund gab Contra: «Wir sind Persönlichkeiten mit scharfem Profil und können von daher auch für die Schwächeren da sein.»

Der Streit tobte schon seit dem Frühherbst, Weihnachten rückte immer näher. Da sprach Präsident Georges Bräker ein Machtwort: «Wir backen Plätzchen, die unten rund sind und oben gezackt. In der Mitte platzieren wir das Rotary-Rad.»

Der Club war befriedet und ging voller Elan ans Werk. Alle machten mit, Investmentbanker Marcel Munzinger kam eigens dazu aus seinem Zürcher Büro: «Ist doch schön, zur Abwechslung mal kleine Brötchen zu backen.»

Allerdings verfügte niemand in der Truppe über Erfahrung mit dem Backen von Plätzchen. Doch man verliess sich auf die High-Tech-Küche von Rotarier Ernst Schneebeli, wo das Ganze stattfand. Der Backofen war vernetzt mit Künstlicher Intelligenz. Die KI sorgte für das Rezept, für die Form und den Backvorgang.

Doch die erste Charge misslang, die Plätzchen waren hart wie Legosteine, die Plätzchen der zweiten Charge erinnerten in der Form an schwäbische Spätzle.

Schneebeli erteilte der Künstlichen Intelligenz eine scharfe Rüge. Zur Aufhellung der Stimmung liess er in der Küche den Song «Last Christmas» ertönen, und die Rotarier nahmen einen neuen Anlauf.

Die dritte Charge überzeugte endlich durch Konsistenz und runde Zackigkeit. Leider sah das Rotary-Rad nun aus wie ein schlapper Autoreifen. Rotarier Lüthy ätzte: «Beim RC Redliwil ist offenbar die Luft raus.» Die KI sandte Schneebeli eine Mail: «Sorry, bin heute nicht so in Form.»

Im RC Redliwil leckte man sich die Wunden. Wenigstens durfte Rotarier Lüthy endlich seinen Vortrag nachholen. Er schloss mit den Worten: «Alles, was schief gehen kann, wird auch schief gehen. Murphy wusste, wovon er sprach. Ich vermute, er war auch Rotarier.»

Glosse 122: Fünf Sterne

Autor: Rot. Alexander Hoffmann

Rotarier Rolf Ackermann war ein Mann alter Schule, auf Stil bedacht und grosszügig, eine Säule des RC Redliwil. Als er seinen 70. Geburtstag feierte, lud er sämtliche Mitglieder des Clubs inklusive Anhang in das Gourmetrestaurant «Chez Max» ein, wo man die Haute Cuisine pflegte. Wie absehbar, betrug die Präsenz der Mitglieder hundert Prozent. Alle freuten sich auf ein opulentes Menü, zusätzlich begeistert von der Ankündigung des Jubilars, es gäbe nur eine kurze Rede, nämlich die von ihm selbst.

Beim Stehempfang vorneweg verteilte der Oberkellner gemäss einer Liste goldumrandete Kärtchen mit ein, zwei, drei, vier und fünf Sternen. Bald darauf schwebten die Kellnerinnen herein und teilten den Gästen je nach Sternchen ein Getränk zu.

Wer fünf Sterne hatte, erhielt ein Glas Champagner, bei vier gab es einen hochklassigen Sekt, bei drei einen eher durchschnittlichen Fendant, bei zwei eine Rivella. Die Einsterner mussten sich mit Mineralwasser begnügen. Ratlos beäugten sich die verschiedenen Sternefraktionen.

Ackermann klärte die Gäste in seiner Begrüssungsansprache auf. Er sagte launig: «Liebe Gäste, das mit den Sternen habe ich bewusst so gemacht. Wer mir klassisch zum Geburtstag gratuliert hat, handgeschrieben mit dem Füllfederhalter und auf Büttenpapier – der kriegt fünf Sterne.»

Ackermann fuhr fort: «Vier Sterne waren mir die persönlichen Anrufe zum Geburtstag wert. Wer mir per Email eine elektronische Glückwunschkarte übermittelte, erhält drei Sterne.»

Er machte eine Kunstpause. Beklommen warteten die Zwei- und Einsterner auf das, was nun folgen würde. Und Ackermann hob sein Glas: «Zwei Sterne vergebe ich für Glückwünsche per SMS oder Whatsapp und einen Stern für die, die mir gar nicht gratuliert hatten. Zum Wohle!»

Glosse 121: Rotarische Höflichkeit

Autor: Rot. Alexander Hoffmann

Lange galt für rotarische Anlässe im RC Redliwil das sogenannte rotarische Ausgleichsgesetz. Viele Rotarierinnen und Rotarier, die zugesagt hatten, erschienen gleichwohl nicht. Doch dafür kamen viele, die nicht zugesagt hatten. Doch zuletzt funktionierte das Gesetz nicht mehr, bis Veranstaltungsbeginn war oft völlig unklar, wer von den Mitgliedern tatsächlich erscheinen würde.

Der Wirt in Gasthof Wohlfahrt nahm sich Präsident Georges Bräker zur Brust: «So kann kein Gastronom kalkulieren. Wenn das so weiter geht, mache ich nicht mehr den Gastgeber für Ihren Club.»

In der nächsten Vorstandssitzung klagte Bräker: «Offenbar sind viele bei uns nicht in der Lage, sich verbindlich zu äussern.» Wenn eine Einladung rausging, kam meist ein «weiss noch nicht» oder ein «schaun mer mal» zurück. Clubsekretär Hans Tgetgel pflichtete dem Präsidenten bei: «die wollen sich alle Optionen offenhalten.»

Absagen, so sie denn überhaupt kamen, erfolgten oft, wenn die Veranstaltung schon lief. Dann wurde per Whatsapp auf plötzliches Zahnweh verwiesen, auf die überraschende Erkrankung der Erbtante oder die unvermutete Sperrung des Gotthard-Tunnels.

«So geht das nicht weiter», entschied Bräker und bat einen rotarischen Freund, beim Einladungswesen die Zügel anzuziehen. Es war Staatsanwalt Franz Schnyder, der sich mit Verve an die Arbeit machte. Fortan erfolgten rotarische Einladungen nur noch mit Einschreiben und Empfangsschein. Wer zusagte, aber dann doch nicht erschien, dem wurde wegen Vertragsbruchs eine heftige Konventionalstrafe in Aussicht gestellt. Nur mit Mühe konnte Bräker Schnyder daran hindern, bei mehrfachen Verstössen eine Gefängnisstrafe anzudrohen.

Doch das alles ging schief. Die Clubmitglieder waren so erschrocken, dass überhaupt keines mehr zusagte.

Bräker dachte nach, dann hatte er einen Einfall. «Ich plane eine kleine Lehrstunde in Sachen Verbindlichkeit als Akt der Höflichkeit», kündigte er Tgetgel an. Für ein Meeting in vier Wochen liess er den Auftritt von Mamma Anna Mia ankündigen, den neuen Star einer Schweizer Telenovela. Als Leckerbissen versprach Bräker, bei ihrem Besuch werde eine Tombola organisiert, der Gewinner dürfe einen kleinen Auftritt in der nächsten Folge der Telenovela haben und so zu seinen fünf Minuten Berühmtheit kommen.

Der komplette RC Redliwil sagte zu. Nur Tgetgel wusste, dass der Besuch des Stars frei erfunden war.

An besagtem Abend tummelten sich die Rotarierinnen und Rotarier erwartungsvoll in der Heidistube. Wer nicht erschien, war der Star. Nach einer Stunde verkündete Präsident Bräker der düpierten Gesellschaft: «Tja, wirklich schade. Und sie hat nicht mal abgesagt.»

Glosse 120: Aktion Sägewerk

Autor: Rot. Alexander Hoffmann

Bei der Neuwahl für die Aufnahmekommission des RC Redliwil setzten sich überraschend die Hardliner durch mit Rotarier Friedrich an der Spitze. Und der kündigte an: «Wir kehren zu unseren Wurzeln zurück, setzen bei neuen Mitgliedern konsequent auf Qualität statt Quantität.»

Da hatte es Alexander Medici, der letzte Progressive im Ausschuss, schwer. Doch unverdrossen schlug er Florentine Z., stellvertretende Leiterin des Völkerkundemuseums von Redliwil, für die Aufnahme in den Club vor.

Ernst Friedrich, seines Zeichens Ehrenpräsident des RC Redliwil, bügelte ihn ab. «Wir nehmen aus jeder Berufsgruppe nur die Nummer Eins.»

Medici klagte: «Aber Frau Z. ist eminent tüchtig, sie wäre eine Zierde unseres Clubs. Ausserdem sägt sie bereits emsig am Stuhl ihrer Vorgesetzten, in spätestens drei Jahren ist sie selbst die Chefin.»

Friedrich blieb unerbittlich. Dafür gewann er gleich drei Einser für den Club und war mächtig stolz. Leider erwiesen sich zwei der drei Einser bald als Nullen, zumindest was ihr rotarisches Engagement betraf. Friedrich ging in sich und rief Medici an. «Geschätzter Freund, ich bin zu einem Kompromiss bereit. Ich habe schon ein Codewort dafür – Aktion Sägewerk.»

«Wie bitte?»

«Nun, ich könnte mich auch für aussichtsreiche Stellvertreter erwärmen, wenn sie uns bei der Aufnahme schriftlich versichern, dass ihr Sägen am Chefstuhl binnen dreier Jahre erfolgreich abgeschlossen ist.»

Medici war begeistert, doch Florentine Z. zeigte sich bei seinem nächsten Annäherungsversuch spröde. Sie war mittlerweile beim Lions Club untergekommen. Auch ansonsten kam die Aktion Sägewerk nicht so recht voran, und Friedrich setzte wieder auf die harte Linie. Er zog einen Herrn Zumbrunn aus dem Ärmel, Chief Executive Officer eines Global Players, eine herausragende Persönlichkeit der Schweizer Wirtschaft.

Zumbrunn wurde im Eilverfahren aufgenommen, die noblen Clubs in Zürich hatten das Nachsehen. Anlässlich seines Einführungsvortrags wurde er gebeten, auch ein paar private Worte über seine Familie zu verlieren. Das tat er gerne und berichtete: «Die Nummer Eins in unserem Haushalt ist Caligula, unser Kater. Er gewährt uns seit acht Jahren Wohnrecht in seiner Villa. Die Nummer Zwei ist meine Ehefrau. Ziemlich weit danach kommt so eine Art Faktotum, zuständig für Geldbeschaffung und diverse niedere Dienste. Ich bin also nur die Nummer Vier.»