79. Die Schnäppchenreise

Verfasser: Alexander Hoffmann / Erich Gerber

Seit einiger Zeit hatten die schönen Clubreisen des RC Redliwil immer weniger Resonanz, wohl weil sie zu teuer waren. Vor allem Familienväter mit Normaleinkommen klagten über die Kosten. Präsident Georges Bräker reagierte: „Wir brauchen ein System, um diese Kosten zu optimieren.“

„Mache ich gerne“, bot sich Rotarier Peter Wenger an, ein versierter Schnäppchenjäger. Sein erster Job war die Reise zum englischen Partnerclub RC Moneypenny in den Midlands. Als die Teilnehmer den Reiseplan erhielten, staunten sie nicht schlecht. Der Flug kostete pro Kopf nur 9,85 Franken, allerdings war die Reiserücktrittsversicherung für 99 CHF obligatorisch, das Gepäck wurde hundertgrammweise berechnet, und es gab nur Stehplätze.

Pünktlich um 2 Uhr morgens brachte ein Sammelbus die Reisegruppe von Redliwil ins ferne Bellinzona, wo eine Turbopropmaschine von 1955 auf den Flug nach Marseille wartete. „Wieso Marseille?“, fragte der Clubpräsident den Kostenoptimierer. „Weil es von dort aus einen sagenhaft günstigen Direktflug nach Moneypenny gibt“, erklärte Peter Wenger.

An sich war nur ein zweitägiger Besuch geplant, doch angesichts des komplexen Reiseplans ergab es sich, dass die Redliwiler schon Freitag früh landeten und erst am Montag gegen Mitternacht zurückfliegen würden. Die Kontaktfreunde des Clubs Moneypenny nahmen diese Nachricht britisch-stoisch auf und organisierten aus der Hüfte noch zwei weitere Tage für das rotarische Beisammensein.

Es wurde eine sehr fröhliche Reise, zumindest für den RC Redliwil. Für die Rückreise hatte Peter Wenger einen Flug nach Samedan gebucht, mit Ankunft um 1 Uhr nachts. Dann gab es vier Stunden Pause, ehe die erste rhätische Bahn abfuhr. Rot. Wenger hatte für die Heimkehr ein besonderes Häppchen gefunden, ein Sonderticket der Bahn, praktisch kostenlos, aber nur für Frachtzüge. Über eine außerordentlich reizvolle Route durch diverse Kantone kam die Delegation des RC Redliwil gegen Mitternacht nach Hause. Präsident Bräker war erschöpft, aber glücklich ob dieser doch etwas ungewöhnlichen Schnäppchenreise.In den Midlands zog der Präsident des RC Moneypenny im Kreis seiner Rotarians ebenfalls Bilanz: „Unsere Freunde vom Kontinent sind schon etwas gewöhnungsbedürftig! Wir sollten ein bisschen Abstand wahren – so ganz verkehrt und schlecht ist der Brexit vielleicht doch nicht, wie er von unserem neuen Premierminister Boris Johnson geplant wird.”