76. Grossi goes Harvard

Verfasser: Alexander Hoffmann / Erich Gerber

Rotarier Werner Grossenbacher hatte zehn Jahre lang den Jugenddienst im RC Redliwil erfolgreich geleitet. Er brachte viele Austauschschüler nach Redliwil oder schickte sie hinaus in die Welt. Eine erfüllende, bisweilen anstrengende Aufgabe. Gerne sagte er: „Diese tollen jungen Leute geben einem den Glauben zurück, dass die Menschheit doch eine Zukunft hat.“

Aber eines Tages erklärte er Präsident Bräker, es sei nun genug: es werde in Redliwil immer schwieriger, Gasteltern zu finden. Der Jugenddienst gebe „viel Arbeit und bringe nur wenig Anerkennung im Club.“ Der Präsident musste ihm zustimmen und dachte darüber nach, wie man den verdienten Freund ein wenig für seine Mühe entschädigen könnte. Eine zündende Idee dafür hatte Kassier Armin Geldmacher: „Machen wir doch ein besonderes Jahresprogramm für Jugenddienstler auf, zum Beispiel unter dem Motto „Silver Exchange“. Aus meinem Reptilienfonds mache ich gerne ein paar Franken dafür locker.“

„Ganz einfach. Wer sich wie Werner für uns engagiert hat, darf für ein Jahr ins Ausland zu ausgesuchten Gasteltern. Es wäre doch schön und kann nicht schaden, wenn wir auch mal Mitglieder im mittleren Alter hinausschicken.“

„Wie bitte?“

Und so startete das Silver Exchange-Programm mit Werner Grossenbacher als erstem Kandidaten. Er war 40 Jahre alt, ledig – bei gutem Licht sah er wie 39 aus. Sehr rüstig waren auch seine Gasteltern, Martha und Bobby Miller (82 und 83), in der US-Kleinstadt Melrose bei Boston.

Werner lebte sich rasch bei den Millers ein und schrieb seinem Clubpräsidenten  begeisterte Mails. Allerdings gewann dieser nach einer gewissen Zeit den Eindruck, dass sich sein Clubfreund irgendwie retour entwickelte. Die letzten Mails hatte Werner nämlich mit „Grüezi, your Grossi“ unterschrieben.

Nach neun Monaten fragte Georges Bräker taktvoll an, wann denn mit der Rückkehr zu rechnen sei. Grossi erwiderte fröhlich: „Beim Jahresball meiner High School habe ich eine süße Cheerleaderin kennengelernt. Die hat erst mal Vorrang.“

Nach 12 Monaten mahnte Georges erneut. Und Grossi mailte: „No chance. Ich büffle gerade für ein gutes Abschlusszeugnis an der High School. Mummy and Daddy meinen, wenn ich mich richtig ins Zeug lege, kriege ich sogar ein Stipendium für Harvard.“