Autor: Rot. Alexander Hoffmann
«Bald habe ich ihn so weit», sagte Präsident Bräker zu Clubsekretär Tgetgel in einer Vorstandssitzung. Es ging um den Kandidaten Obertüfer, einen jungen, dynamischen, erfolgreichen Chef einer Zahnklinik, der Interesse an einer Mitgliedschaft im RC Redliwil bekundet hatte. Der ganze Club war freudig erregt, denn frisches Blut von aussen wurde im RC Redliwil dringend benötigt.
Doch beim finalen Einstellungsgespräch zeigte sich Obertüfer überraschend spröde. «Ich bin ja interessiert, lieber Herr Bräker», sagte er. «Aber ich habe so Einiges gehört, was man sich rund um den Redliwiler See so erzählt.»
«So, was denn?»
«Ich habe gehört, dass neue Mitglieder in Ihrem Club eine harte Lehrzeit durchlaufen, so eine Art Praktikum. Dass sie niedere Dienste verrichten müssen, wie dem Präsidenten den Wagen waschen oder dessen Ehefrau in den Beauty-Salon fahren. Also, irgendwie befremdet mich das.»
Bräker war entsetzt. «Wo denken Sie hin, lieber Herr Obertüfer. Ganz im Gegenteil – wir sind bemüht, unseren neuen Freundinnen und Freunden den Start ins Clubleben so angenehm wie möglich zu gestalten.»
Dem war in der Tat so. Seit einem Jahr lief das spezielle Welcome-Wellness-Programm des RC Redliwil für neue Mitglieder. Beim Meeting in der Heidistube erwarteten sie gepolsterte Sessel mit Massagefunktion. Ihr Apéro war stets doppelt so gross wie der normale Drink. Ein Shuttle-Service holte sie zum Meeting ab und brachte sie wieder nachhause. Bei Clubreisen mit dem Bus durften sie stets in die Business Class. Jeder Neue hatte einen rotarischen Personal Assistant, der rund um die Uhr verfügbar war und sei es zum Brötchenholen oder eben Wagenwaschen. Alle vier Wochen wurden die Neuen zur Qualität des Clubservice befragt und durften auf einer Skala von 1 bis 10 ihr Votum abgeben. Bislang hatte der RC Redliwil jedes Mal die Bestnote erreicht.
Bräker präsentierte Obertüfer einen Prospekt mit dem kompletten Leistungspaket. «Das sieht schon besser aus!» Obertüfer war beeindruckt und vier Wochen später heftete ihm Bräker die Nadel ans Revers.
Zuhause erzählte Bräker der Gattin von den bösen Gerüchten über die niederen Dienste der Neulinge und wie sich dann alles zum Guten gewendet hatte. Die Gattin wiegte den Kopf: «Nun ja, das mit dem Beauty Salon ist doch gar keine so schlechte Idee.»