14. Gut gereift

Verfasser: Alexander Hoffmann / Erich Gerber

Clubsekretär Tgetgel rechnete einmal, rechnete zweimal. Dann rief er Präsident Bräker an: „Herr Präsident, es ist soweit!“ „Was denn, lieber Hans?“ „Das Durchschnittsalter im RC Redliwil hat nun glücklich die Pensionsgrenze überschritten. Es liegt bei 65,4 Jahren.“ Bräker berief eine Mitgliederversammlung ein, in der sich zwei Fraktionen heftig stritten. Die Gruppe Frühlingserwachen um Anton Hofer plädierte für eine konsequente Verjüngung, während die Gruppe Gut gereift um Armin Fahrni meinte, es komme auf Persönlichkeiten an, egal welchen Alters.
Die Verjüngungsfraktion setzte sich durch. Künftig sollten neue Mitglieder maximal 30 Jahre alt sein, aber bitte nur reife Führungskräfte.
Auf die Suche nach solchen begab sich eine Findungskommission unter Leitung von Jean Mabillard. Seine Kommission suchte und suchte, wurde aber nicht fündig.
Mabillard berichtete kleinlaut: „25-jährige Chefärzte oder Obergerichtspräsidenten sind leider selten.“

Da schlug Incoming Präsident Winkelried vor: „Dann probieren wir das Modell Barcelona“.
Bräker fragte: „Wie bitte?“
„Ich meine das Fußballinternat des FC Barcelona. Den Weltstar Lionel Messi haben sie schon mit 13 geholt. Gründen wir doch ein Rotary-Internat, aus dem wir später rekrutieren können. Ich hätte schon jemand – unseren Alfons.“ Alfons war der 19-jährige Sohn seiner Haushalthilfe, ein Wunderkind.
Alfons war allerdings selten in Redliwil, denn er studierte Kernphysik an der ETH in Zürich. Die Findungskommission fuhr eigens nach Zürich, um ihn für das Rotary-Internat zu begeistern. Doch Alfons winkte ab: “Erst nach dem Nobelpreis.“

Da schlug im Club das Pendel um. Gut gereift präsentierte einen Kandidaten, der den Nobelpreis schon hatte – den Ökonomen Prof. Dr. Dr. Beat Baumberger, der in der letzten Finanzkrise erfolgreich die Einführung des Schweizer Frankens als Weltleit-währung durchgesetzt hatte. Beat Baumberger war 81, aber noch sehr vital und hatte erst jüngst den K2 ohne Sauerstoff bestiegen. Er kam gerne zu einem Gastvortrag.

Doch die Bitte, sich dem RC Redliwil anzuschließen, lehnte er höflich ab:
„Es ist ja recht nett bei Ihnen. Aber erstens muss ich mich auf den nächsten Marathon im Engadin vorbereiten und zweitens bin ich ungern sehr lange unter so gesetzten Herren. Das zieht mich irgendwie herunter.“

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