Verfasser: Alexander Hoffmann / Erich Gerber
Es nahte das 50-Jahr-Jubiläum des RC Redliwil und Präsident Bräker verkündete im Vorstand: „Diesmal muss es gelingen!“ Kassier Geldmacher fragte: “Was denn?“ „Dass wir zum Jubiläum eine schöne Festschrift herausgeben.“ Das hatte der Club schon zum 40. Jubiläum versucht, war aber irgendwie gescheitert. Bräker durchblätterte einen staubigen Ordner: „Damals kamen wir immerhin zur Erstellung eines Inhaltsverzeich-nisses. Das war schon mal ein Anfang.“ „Ohne vernünftige Planung wird das wieder nix“, gab Geldmacher zu bedenken. Überlegen lächelte Bräker: „Dafür haben wir den neuen Freund Brömmelstedt aus Deutschland. Er war schon Projektmanager für den Flughafen Berlin-Brandenburg.“ Knödler wiegte den Kopf: „Na ja.“
„Wir planen ja keine Festschrift mit Brandschutz und Gepäckförderanlage.“
Es ging flott voran, regelmäßig berichtete Brömmelstedt von planmäßigen Fortschritten.
Die Festschrift würde ein herrliches Monument werden, von glanzvollen Vorträgen und eindrucksvollen Präsentationen, von sozialen Großtaten sowieso. Bald schwoll das Werk zu einem veritablen 600-Seiten-Buch an.
Nach und nach knirschte es jedoch. Frau Bräker missfiel ein Foto, auf dem sie sich unvorteilhaft abgelichtet sah, Max Danuser wollte seinen Vortrag von 1975 „Warum wir ab 1985 kein Öl mehr haben“ nachträglich umschreiben.
Gewichtiger war schon die Frage, was mit dem rotarischen Jahr 1993/94 geschehen sollte, als Jean Maissen Präsident gewesen war. Dieses Mitglied hatte 1994 Rotary nach gewissen Vorkommnissen überstürzt verlassen. Über diese Ära wurde im Club nur geflüstert. Sollte Jean Maissen mit ins Buch oder nicht?
Erschwerend kam hinzu, dass bald das Budget für das 600-Seiten-Buch erschöpft war. Ein Sponsor stellte einen großen Zuschuss in Aussicht, sofern er eine Anzeige schalten dürfe. Es war Dr. Rübelin, Chef einer florierenden Zahnklinik. Unter dem Motto „Vorher-nachher“ stellte seine Werbeabteilung ein verwüstetes Gebiss und strahlend weiße Implantate nebeneinander. Das Alt-Gebiss wollte Dr. Rübelin auf der Titelseite haben, die weißen Implantate auf der Rückseite.
„Das geht natürlich nicht. Irgendwelche Lösungsvorschläge?“ fragte Bräker seinen Freund Hans Tgetgel. Der war ganz gelassen:
„Sicher: Wir verschieben das Erscheinen auf das 70-jährige Jubiläum.“
Bräker war entsetzt:
„Nein, nicht schon wieder!“
„Na gut, dann nehmen wir Plan B.“
„Und der wäre?“
„Wir verzichten auf Jean Maissen und die Gebisse. Feiern wir das Jubiläum in einem knackigen 8-Seiten-Flyer.“
Bräker dankte ihm erleichtert: „Damit liegen wir im Trend. Dicke Bücher liest heutzutage ohnehin keiner mehr.”