59. Wir sind dann mal weg


Cartoon von Jals Smolinski

Verfasser: Alexander Hoffmann / Erich Gerber

Wer für einen längeren Zeitraum nicht am Clubleben teilnehmen konnte, durfte beim RC Redliwil eine Beurlaubung beantragen. Präsident Bräker stellte in der Mitgliederversammlung klar: „Bei begründeten Anträgen sind wir sehr kulant.“

So hatte sich Investmentbanker Marco Klotz für einige Monate nach Frankfurt am Main verabschiedet, zwecks Reparaturarbeiten an der Geldschöpfungsmaschine im Keller der Europäischen Zentralbank (EZB). Rotarier Prof. Dr. Kurt Wolfensberger war für ein Semester nach Oxford gezogen, wo er zum Thema „Soll der Röstigraben bewässert werden?“ Vorlesungen hielt.
Nach und nach häuften sich beim Präsidenten die Beurlaubungsanträge. Rotarier Hans Beerli schrieb, er müsse ausgerechnet am Tag des Meetings immer mit Frieda spazieren gehen. Der Präsident fragte: „Wer ist Frieda?“. Hans antwortete: „Meine Erbtante.“
Rotarier Friedrich von Planta bat um Urlaub mit dem Hinweis, just zum Meetingstermin tage seine Selbsthilfegruppe der Anonymen Marsriegel-Esser. Ein weiterer Rotarier schrieb unter Beifügung eines ärztlichen Attests: „Ich komme wieder, wenn der Koch im Gasthof Wohlfahrt gewechselt hat.“ Und Rotarierin Margrit Lüthi nannte als Grund ihres Fernbleibens: „Kassier Tgetgel guckt bei den Meetings manchmal unfreundlich zu mir herüber.“
Da Präsident Bräker bei den Beurlaubungen sehr großzügig war, wurden die Urlaubsanträge immer lässiger. Ein Rotarier nannte als Grund „im Moment keine Lust“, ein weiterer schrieb lapidar, „Ich bin dann mal weg.“

Es kam, wie es kommen musste. Zu einem Meeting an einem lauen Frühlingstag fanden sich Präsident Georges Bräker und Sekretär Hans Tgetgel allein in den Heidistuben des Gasthofs Wohlfahrt wieder. Er trug es mit Fassung und fragte seinen Kassierfreund:

„Wieviel ist derzeit in der Clubkasse?“
„9‘075 Franken und 23 Rappen.“

Georges Bräker strahlte: „Prima, dann machen wir damit einen längeren Clubausflug. Wird jemand dagegen sein?“
Hans Tgetgel schüttelte den Kopf, und beide suchten das Reisebüro „Happy Touring Redliwil“ gegenüber dem Gasthof Wohlfahrt auf.

Die neun Mille reichten für zwei entspannende Wochen auf Madeira. Ehe der Clubpräsident und sein Sekretär losfuhren, hängten sie noch ein Schild vor den Gasthof Wohlfahrt: „Wir sind dann mal weg.“

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