Verfasser: Alexander Hoffmann / Erich Gerber

Der RC Redliwil brauchte frisches Blut, aber bitte nur Qualität statt Quantität. Präsident Bräker hatte dazu seine eigenen Vorstellungen. Abends am Kamin sah er bei einem guten Glas Veltliner den Prototyp des neuen Rotariers vor sich – maximal 30 Jahre alt, Verwaltungsratspräsident eines Global Players, polyglott, aber tief in der Heimat verwurzelt, verheiratet, fünf Kinder, eine reife Persönlichkeit, aber mit jugendlichem Elan. Ein Shareholder-Value-Typ mit viel Herz für die Schwachen, ein eifriger Blutspender, ein Mann, auf den sogar der Bundesrat hörte. Bräker seufzte, als er im Vorstand des RC Redliwil die jüngsten Vorschläge für Neuaufnahmen vorlegte. Wieder entsprach keiner dem Profil.
„Tja, liebe Clubfreunde, was haben wir denn hier….“
Er blätterte in den Papieren und fischte einen Opernhausdirektor aus der Beige. „Der hat doch nie Zeit“, mahnte Incoming Präsident Roger Winkelried. „Dafür aber Premierenkarten“, sagte CICO Rolf Kummer.
Dann kam ein Fernsehmoderator an die Reihe. „Sehr prominent. Ließ sich jüngst die Altersbrust absaugen. Wurde live übertragen, mit super Einschaltquoten“, warb Wanderleiter Konrd Messner.. „Hm, hm“, hieß es in der Vorstandsrunde.

Der dritte Anwärter empfahl sich mit dem Hinweis, sein Großonkel sei Rotarier im Fürstentum Lichtenstein. Präsident Bräker meinte: „Irgendwie überzeugt mich das alles nicht so recht.“
Noch schlimmer war der vierte Bewerber. Ein Mausgrauer, dem anscheinend noch nie etwas gelungen war im Leben. Seinen Unterlagen waren auch Fotos beigeheftet, von ihm selbst und seiner Frau. Diese Fotos gingen im Vorstand reihum, alle äugten. Die Gattin sah wirklich super aus. Der Vorstand war einhellig begeistert, und der Präsident entschied: „Den nehmen wir!“.